Geben ist seliger als nehmen
Wenn wir Buddhisten werden, dann lernen wir, in jedem Augenblick Buddha, Dharma und Sangha vor uns zu stellen, ihnen jede Aktivität zu widmen, vielmehr, ihnen darzubringen.
Warum aber bringen wir, wenn wir uns beispielsweise neue Kleidung kaufen, oder eine Mahlzeit einnehmen, diese zuerst den Drei Juwelen dar? Frieren die Buddhas und Bodhisattvas? Kommt diese Darbringung bei ihnen überhaupt an?
Natürlich frieren die Buddhas und Bodhisattvas nicht. Und sie sind auch nicht hungrig, das ist nicht der Punkt oder Grund, warum wir ihnen etwas, das uns lieb und teuer ist, in unserem Geiste darbringen. In diesem Detail liegt bereits die Klärung. Wir bringen in unserem Geiste dar. Wie anders sollten wir das wohl bewerkstelligen?
Nun, Sie könnten dem nun entgegenhalten, dass wir im Vajrayana den Guru als Buddha ansehen. Also ist es mehr als möglich, dem Buddha persönlich darzubringen. Das ist also absolut richtig. Mein Guru ist der lebendige Buddha und das nicht nur als theoretische Möglichkeit, die es mir in meiner spirituellen Praxis ermöglicht, mich zu entwickeln, sondern tatsächlich. Fliege ich also mit jeder Mahlzeit, jedem neuen Paar Socken ins Kloster meines Gurus, um ihm diese darzubringen? Nun, das wäre reichlich unpraktisch für mich und wohl zumindest ein wenig befremdlich für meinen Guru.
Die einzig praktikable und pragmatische Art und Weise, das zu tun, ist, also den Buddhas und Bodhisattvas in unserem Geiste darzubringen. Was aber bewirkt das und warum tun wir das überhaupt? Es stellt etwas mit uns an. Denn anstatt, dass wir uns wie gewöhnlich auf das Neue stürzen und uns darüber freuen, und/oder störende Emotionen, wie Gier, Anhaftung, Eifersucht, Stolz oder Aversion entwickeln, gelten unsere ersten Gedanken, bevor wir uns freuen, den Erhabenen.
Wir lernen also , den ersten Impetus von uns und unseren Befindlichkeiten auf andere zu lenken und nicht auf irgendjemanden, sondern die Erleuchteten. Unsere innere Einstellung verändert sich von “nehmen” zu “geben”, obwohl die äußere Handlung ganz genau gleich wie vorher, als wir dergleichen noch nicht taten, aussieht. Wir bringen mit hingebungsvollem Vertrauen dar und unser Mitgefühl kann dadurch tiefer und vollständiger werden.
Damit werden unsere störenden Emotionen graduell weniger und wir können dadurch mehr persönliches Glück erfahren werden, denn Geben ist seliger als nehmen.