Den Dharma als Nicht Tibeter praktizieren
Ich wurde gebeten, über die Schwierigkeiten zu sprechen, die wir Nicht-Tibeter, im speziellen Österreicher oder Deutschsprachige haben, mit dem Dharma auf richtige Art und Weise eine Verbindung herzustellen und über all unsere Probleme mit Religion im Allgemeinen, also möchte ich meine allgemeinen Beobachtungen mit Ihnen teilen, da ich selbst hier aufwuchs. Ich möchte dazu nur wenige Worte sagen und dann ein paar allgemeine Anmerkungen machen, da es mir immer noch nicht gut geht.
Nachdem wir nun den Geist des Erwachens, um alle Wesen zur vollständigen Erleuchtung zu führen, hervorgebracht haben, widmen wir uns nun der Bitte.
Ich bin kein Historiker und muss diesbezüglich auf meine schulische Erziehung beziehen, aber Religion und Staat in Österreich waren dennoch eins bis zum Beginn des 1. Weltkriegs. Österreich wurde abrupt in ein neues Zeitalter katapultiert, ziemlich spät im Vergleich zu Rest Europa, mit dem Morderversuch am Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand. Von der Monarchie in zwei aufeinanderfolgende Weltkriege, fiel das Land auseinander, auch in Bezug auf seine grundlegenden Werte und moralischen Vorstellungen, mehr oder weniger über Nacht. Nach dem zweiten Weltkrieg war das Leben ein vollständig anderes. Der Alltag der Menschen war nach wie vor tief religiös mit vielen Ritualen und folgte einem strikten religiösen Kalender, so, wie es immer gewesen war trotz eines anderen Lebensstils. Neue Generationen, wie ich, wurden von solchen „zwischenzeitlichen“ Eltern und Großeltern großgezogen und Religion war für uns etwas, das ganz weit weg war von unsere lebendigen Wirklichkeit, sie erschien vielen wie eine mehr oder weniger strikte Abfolge von Regeln und Vorschriften, die alle von einem Priester ausgeführt wurden, der mehr oder weniger alles für uns tat, während die Gläubigen nichts selbst tun konnten: Alle Rituale, einfach alles, hing von einer Art Vermittler zwischen uns und Gott ab und Gott war unerreichbar, die Sache also aussichtslos.
Generell suchen wir alle nach einer Art Zuflucht in etwas, das stärker ist als unsere eigene Erfahrung. Oft nehmen wir dann Zuflucht in einfach alles: Ruhm, Reichtum, Geld, Ablenkung und Zerstreuung als eine Art Ersatzreligion.
Ich bin mir dessen bewusst, dass viele von uns Religion mit einem Gebäude oder einer Institution und genauso mit einem Haufen von Regeln und Vorschriften, die ihnen aufgezwungen werden, verbinden und mit Religion selbst hadern aufgrund ihrer langen Geschichte nicht religiöser Aktivitäten. Wir lieben und hassen sie, es ist in unserer DNA. Wie ich aber schon viele Male sagte, identifiziere ich mich selbst nicht damit, obwohl ich diese Ängste anerkenne, da ich mich auf die linguistische Bedeutung des Wortes selbst, das dem Lateinischen entstammt, beziehe, welche Sich mit sich selbst verbinden bedeutet. Und das ist haarscharf das, worum es ihm Dharma geht.
Mit dieser Art des Heranwachsens, wenn wir dann auf den Dharma treffen, tun wir es mit all unseren historischen, sozio-kulturellen Blockaden und straucheln oft. Leute wie ich also, die immer eine Sehnsucht,Tiefe in sich verspürten, aber auf keinen Fall von jemandem abhängig sein wollte, der „den Job für mich erledigte“, wollte mich lieber selbst auf die Reise begeben und wachsen, angeleitet und überprüfend.
Dharma ist tatsächlich jenseits aller Paradigmen, es sind die Mittel und Methoden, den eigenen Geist zu meistern, ihn zu voller Reife zu bringen, ihn zu perfektionieren und vollständig aus dem Wirrwarr unserer störenden Emotionen unveränderlich zu erwecken!
Wir alle suchen nach Freiheit, erwarten aber, dass der Lama das für uns erledigt, aus kultureller Gewohnheit. Es zieht uns zum Lama, aber nur, um dessen persönlicher Kaffee und Kuchen Freund zu werden. Unser Guru ist aber ausschließlich dazu hier, uns all die Mittel zu geben, uns selbst zu befreien und uns den Pfad aufzuweisen, damit wir ihn selbst begehen und nicht, um mit ihm „abzuhängen“.
So oft schon habe ich gehört, dass Leute unseren erhabenen Guru aufsuchen, aber nichts mit Palpung zu tun haben möchten, als wären das zwei unterschiedliche Dinge.
Für mich ist Palpung der erhabene Geist, das erleuchtete Herz unseres Erhabenen Gurus, ich liebe Palpung genauso, wie ich meinen Guru liebe, aus der Tiefe meines Herzens, jenseits allens, mit jedem Teilchen meines Wesens, da sie für mich unzertrennlich sind: Die erleuchteten Aktivitäten unseres Guru Vajradhara, seine Linie und nicht bloß ein Haus! In einem meiner offiziellen Papiere sagt unser hehre Guru, dass ich ihn und Palpung repräsentiere. Denken Sie das durch und bei allem gebührenden Respekt, getraue ich mich nicht, derart über meinen Guru zu denken, aber: Wie könnte ich schier einen Menschen und sein Haus vertreten? Das macht überhaupt keinen Sinn! Es muss und kann nichts anderes sein als seine fortwährenden Aktivitäten, uns verunreinigten Wesen Nutzen zu bringen! Und wie kann jemand so Gewöhnlicher wie ich meinen Guru repräsentieren? Durch seine Linie und nichts Anderes.
Wir müssen keine Tibeter werden und noch nicht einmal Tibetisch lernen, um den Dharma zu praktizieren und den Guru als den zu verstehen, der er ist. Tatsächlich denke ich, dass dies uns zu einer weiteren Verhinderung würde, die Tiefe dessen, was der erhabene Dharma wirklich ist, zu ergründen. Wenn wir stattdessen dazu in der Lage sind, unseren Guru als die lebendige Verkörperung seiner Linie und nicht einfach als Person und seine Aktivitäten und seinen Geist nicht nur als einfach ein Gebäude, sondern die unendliche Weite seines erleuchteten Kontinuums, seine Lamas und Zentren nicht bloß als Orte der Erholung und Vergnügen zu verstehen, sondern stattdessen die erhabenen Methoden anwenden, die er uns liebevoll in unsere suchenden Hände legt, werden wir uns gewiss auf dem Pfad, der uns durch ihn aufgezeigt wird, entwickeln und wie er werden; frei aller kulturellen und anderer Prägung, inhärent untrennbar und befreit: Von innen nach außen.
Ich bitte Sie nun, den Verdienst all dessen der vollständigen Erleuchtung aller fühlenden Wesen zu widmen.